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Giovanni
Battista Piranesi 1720
Mogliano Veneto
– Rom 1778
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Einleitung
Die
große Faszination, die
das Werk des genialen Kupferstechers,
Archäologen und Architekten
G.B. Piranesi auf Kunstliebhaber
und Sammler in Europa und der
Welt ausübt, hat seit der
Schaffung seiner ersten Veduten
vor etwa 250 Jahren nicht nachgelassen.
Die
Größe antiker und
barocker römischer Baukunst
wird einmalig interpretiert
und festgehalten in den großformatigen
Kupferstichradierungen der 'Vedute
di Roma', an deren Herstellung
von insgesamt 135 Tafeln er
30 Jahre lang arbeitete. Sie
machen einen zwar zentralen,
aber fast nur bescheidenen Anteil
an seinem Gesamtwerk aus, das
an die eintausend Einzelwerke
zählt.
Leidenschaftlich
und mit dem ihm eigenen, oft
überschäumenden Temperament
und Tatendrang setzt er sich
für die Verwirklichung
seiner Ideen ein: Für das
Recht des Künstlers auf
schöpferische Eigenständigkeit
und für die kulturelle
Sendung Roms. Letztere begründet
aus dem Glauben an einen autochthonen
Charakter der italienischen
Kultur, von den Etruskern aus
der Taufe gehoben und von den
Römern vervollkommnet.
Aus
dieser Idee erwächst eine
grundlegende Veränderung
der Einstellung vom Wesen und
der möglichen Nutzbarmachung
der Vergangenheit, ein phantasievoller
Gebrauch antiker Formenelemente.
Und in der Folge steht eine
entscheidende Umwandlung der
europäischen Auffassung
der Antike: Je mehr man die
Komplexität und den kulturellen
Reichtum vergangener Epochen
begreift, desto mehr wächst
das Bewußtsein für
den Eigenwert der Gegenwart
und die Bereitschaft, die für
diese notwendigen und angemessenen
Ausdrucksformen zu finden. |

Felice
Polanzani: Porträt von
Giovanni Battista Piranesi
1750

Titelblatt
der Vedute di Roma |
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Prima
Parte di Architetture e Prospettive:
Titelblatt der 1. Auflage, 1743

Prima
Parte di Architetture e Prospettive:
Galeria grande di Statue |
Venedig:
Die ersten 20 Jahre, 1720 -
1740
G.B.
Piranesi wird am 4. Oktober
1720 in Mogliano bei Mestre
als Sohn eines Steinmetz geboren.
Seine Ausbildung macht er am
'Magistrato delle Acque' in
Venedig, zuerst unter dessen
leitendem Architekten Matteo
Lucchesi, einem Bruder seiner
Mutter. Nach einem Streit mit
seinem Onkel setzt er seine
Lehre bei Giovanni Scalfarotto
fort, der für seine Ingenieurleistungen
ebenso bekannt war wie für
sein Talent bei der Restaurierung
historischer Gebäude.
Zum
Unterricht gehörten auch
antiquarische Studien, deren
Bedeutung für die Ausbildung
zum Architekten hoch eingeschätzt
wurde. Es folgte eine weitere
Ausbildung, die zum Bühnenbildner,
die ihn mit der Kunst der Illusion
und mit dem Gebrauch der Perspektive
vertraut macht. Die experimentellen
Möglichkeiten der Bühnendekoration
wurden damals gerade von Architekten
gerne verwendet, um neue Ideen
zu erproben.
Die
Grundlagen für die Beschäftigung
mit der Antike werden ihm von
seinem Bruder Angelo, einem
Kartäusermönch, beigebracht.
Von ihm erlernt er die lateinische
Sprache und römische Geschichte.
Tommaso Temanza, ein Neffe
seines Lehrmeisters Scalfarotto,
beschäftigte sich intensiv
mit den Ruinen der Antike und
er dürfte auf den jungen
Piranesi einen gewissen Einfluß
gehabt haben.
Venedig
war eines der Zentren der europäischen
Druckgraphik. Die Kunstform
der 'veduta' wurde durch Antonio
Canaletto zur Vollendung gebracht
und hier entstand auch, aus
der Kombination der topographischen
Vedute mit der immaginären
Welt der Barockbühne, die
Architekturphantasie des 'capricco'. |
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Rom: Der
erste Aufenthalt, 1740-44
Seinen
ersten Aufenthalt in Rom, 1740-44,
erlebt Piranesi als Zeichner
im Gefolge von Marco Foscarini,
Historiograph der Republik Venedig
und Botschafter am Heiligen
Stuhl.
Rom
war zu dieser Zeit gerade im
Begriff, bevorzugtes Ziel europäischer
Bildungsreisender zu werden
und sich zum Mittelpunkt des
europäischen Kultur- und
Geisteslebens zu entwickeln.
Piranesi
nimmt Quartier im Palazzo Venezia
und beginnt sogleich mit dem
Studium der römischen Baukunst.
Unterstützung erhält
er dabei besonders durch Nicola
Giobbe, einem Bauunternehmer
aus Venedig, der ihm seine Bücher
und Stiche zur Verfügung
stellt und über den er
die führenden Architekten
Roms kennenlernt.
In
Rom waren jedoch zur Zeit seiner
Ankunft die Zukunftsaussichten
eines angehenden Architekten
sehr schlecht, wesentlich schlechter
als für Künstler auf
dem Gebiet der Malerei und Skulptur
(Wilton-Ely, S. 10). Denn die
Stadt hatte soeben eine Periode
bedeutender architektonischer
Unternehmungen abgeschlossen.
Das unmittelbare Erleben antiker
römischer Baukunst fasziniert
Piranesi allerdings viel mehr
als die Theorie und Praxis der
Architektur.
Ein
Jahr nach seiner Ankunft in
Rom tritt er in die Werkstatt
von Giuseppe Vasi ein, dem damals
bedeutendsten römischen
Vedutenstecher. Hier erlernt
er die technischen Grundlagen
der Radierung und der Stecherkunst
und das Verfahren zur Übertragung
topographischer Ansichten auf
die Kupferplatte. Piranesi überwirft
sich aber schon bald mit seinem
Lehrer und verläßt
die Werkstatt wieder.
Zusammen
mit Stipendiaten der Französischen
Akademie in Rom beginnt er,
an einer umfangreichen Folge
kleiner Ansichten von Rom zu
arbeiten. Die Serie erschient
komplett 1745 als 'Varie Vedute
di Roma Antica e Moderna'. Einzelne
Blätter werden schon vorher
veröffentlicht. Seine erste
eigene Veröffentlichung,
eine Folge imaginärer Architekturen,
erscheint 1743 unter dem Titel
'Prima Parte di Architetture
e Prospettive', gewidmet seinem
Förderer N. Giobbe. |

Varie
Vedute: S. Paolo fuori le
Mura
Antichità
Romane: Forum Romanum

Antichità
Romane: Cestius-Pyramide |
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Carceri:
Tafel XIV, 1. Zustand

Carceri:
Tafel XIV, 2. Zustand |
Venedig: Eine
kurze Rückkehr, 1744/45
1744
verläßt Piranesi
aus Geldmangel Rom und kehrt
- mit einem kurzen Abstecher
nach Neapel, um die soeben eröffneten
Ausgrabungen von Herkulaneum
und Pompeji zu besuchen - nach
Venedig zurück.
In
Venedig angekommen, sucht er
sogleich Anschluß an eine
Werkstatt, um seine Fertigkeiten
im Ätzen und im Gebrauch
der Radiernadel weiter zu vervollständigen,
wohl bei G.B. Tiepolo, dem zu
dieser Zeit führenden Künstler
Venedigs. Der kurze Aufenthalt
in Venedig und Tiepolos Radierungen
beeinflussen stilistisch und
thematisch Piranesis graphisches
Werk entscheidend.
Von
nun an entwickelt er einen eigenen,
großzügig- temperamentvollen
und schöpferischen Zeichenstil.
Eine neu erworbene Freiheit
zeichnet sich ab, eine auffallende
Wandlung, in der er die Mehrzahl
seiner früheren Ansichten
überwand (Wilton-Ely, S.
16).
Diese
neu erworbenen Fähigkeiten
werden erstmals umgesetzt in
seiner berühmten Folge
von Kupferstichradierungen der
'Carceri', die in den ersten
Jahren seines nun folgenden
Romaufenthaltes entstehen, womöglich
schon während seines kurzen
Abstechers in Venedig konzipiert
und begonnen wurden. |
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Rom: Der Weg
zur Selbstständigkeit, 1745-61
Schon
1745 kehrt Piranesi wieder nach
Rom zurück, diesmal als
Agent und Verkäufer des
Kupferstechers und Verlegers
Giuseppe Wagner.
Piranesi
richtet sich in der Via del
Corso, gegenüber dem Palazzo
Moncini - Sitz der Französischen
Akademie in Rom - eine Werkstatt
ein.
1748
erscheinen seine 'Archi Trionfali'
in der ersten Auflage unter
dem Titel 'Antichità
Romane de' Tempi della Repubblica
e de' Primi Imperatori', 1765
neu aufgelegt als 'Alcune Vedute
di Archi Trionfali'. Die 30
Ansichten römischer Bauten
in Italien und Rom entstehen
nach Studien während seiner
Reisen in Italien 1743-45, die
ihn u.a. durch Pola, Verona,
Rimini und Ancona führten.
Gewidmet
ist dieses Werk Mons. Giovanni
Bottari, einem wichtigen Förderer
Piranesis, schon während
seines ersten Aufenthalts in
Rom. Bottari war Bibliothekar
des Vatikan und hatte großen
Einfluß auf die Einstellung
Piranesis zum Altertum. Als
leidenschaftlicher Kritiker
spätbarocker Ausdrucksformen
war Bottari einer der Wegbereiter
für eine klassizistische
Reform.
Der
rasche Reifeprozeß, den
Piranesi in diesen Jahren durchläuft
und der besonders in seinen
Veduten zum Ausdruck kommt,
eröffnet ihm die Möglichkeit,
nach neuen Ausdrucksformen zu
greifen. Obwohl er schon in
den kleinen Veduten die ganze
Größe antiker Formen
meisterlich zu vermitteln verstand,
sucht er nach besseren Mitteln,
sein Gestaltungsvermögen
voll zur Geltung zu bringen.
So wählt er nun ein deutlich
größeres Format für
die nächste Generation
seiner Veduten, eine Folge für
die er in den kommenden 30 Jahren
135 Kupferstichradierungen schaffen
wird: seine 'Vedute di Roma'.
Giovanni
Jean Bouchard verlegt die ersten
34 Blätter dieser Serie
1751 unter dem Titel 'Le Magnificenze
di Roma'.
Mit
dem Reifeprozeß seines
Schaffens gewinnt auch sein
privates Leben neue Formen.
Seine oft sehr überschäumenden
und temperamentvollen, ja geradezu
exzentrischen Gewohnheiten,
gepaart mit einem eher einsiedlerischen
Leben, gibt er auf.
1752
heiratete er Angela Pasquini,
seine Tochter Laura wird 1755,
sein ältester Sohn Francesco
1758/59 geboren.
Archäologische
Studien
In
der Zeit von 1751-56 widmet
sich Piranesi intensiv seinen
archäologischen Studien.
Konfrontiert mit der offensichtlichen
Zerstörung und dem Verfall
antiker Gebäude wächst
in ihm der Entschluß,
den antiken Denkmälern
Roms ein eigenes Werk zu widmen.
In dem Vorwort zu seinen 'Antichità
Romane' schreibt er:
"Als
ich sah, wie die Reste der antiken
Bauwerke Roms, die großenteils
in Gärten und Feldern verstreut
liegen, täglich abnehmen
- durch die Witterung zerstört,
teils aber auch durch die Habgier
der Besitzer, die sie mit barbarischer
Unverfrorenheit heimlich ausgraben,
um die Fragmente als Baumaterial
zu verkaufen - da nahm ich mir
vor, sie im Druck festzuhalten...".
Die
Veröffentlichung der 'Antichità
Romane' 1756 begründet
den internationalen Ruf Piranesis
als Archäologen. Am 24.
Februar 1757 wird er in die
Londoner 'Society of Antiquaries'
aufgenommen.
Vedute
di Roma
Jetzt
beschäftigt er sich wieder
mehr mit der Herstellung weiterer
Blätter für seine
'Vedute di Roma', die 1756 bis
1761 im Verlag Bouchard &
Gravier erscheinen.
Bis
1761 werden 59 Tafeln für
diese Serie angefertigt: Begonnen
mit einer Folge berühmter
Kirchen in Rom (Hind 3-13),
folgen eindrucksvolle Plätze,
Brunnen (Hind 14-21) und einige
Palazzi (Hind 22-26), dann erscheinen
immer mehr die eigentlichen
antiken Denkmäler römischer
Baukunst wie die Engelsburg,
Ponte Salario (Hind 29-31),
das Theater des Marcellus, die
Cestius Pyramide (Hind 33, 35,
36), das Kapitol (Hind 38-39)
und das Forum Romanum (Hind
40-41), gefolgt von einer Reihe
antiker Tempel (Hind 44-50),
Säulen (Hind 51-53) und
Bögen (Hind 54, 55) sowie
zwei Ansichten des Kolosseums
(Hind 56-57). |

Antichità
Romane: Frontispitz zu Band
1

Antichità
Romane: Fundamente des Marcellus-Theaters

Veduti
di Roma: Innenansicht des
St. Petersdoms im Vatikan

Vedute
di Roma: S. Sebastiano fuori
le Mura

Vedute
di Roma: Engelsburg

Vedute
di Roma: Ponte Salario |
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Vedute
di Roma: Das Pantheon

Vedute
di Roma: Tempel der Sibylle

Vedute
di Roma: Die Thermen des
Caracalla

Vedute
di Roma: Innenansicht der
Villa des Maecenas in Tivoli

Vedute
di Roma: Tempel des Hercules
in Cori |
Rom: Höhepunkte, 1761-69
Piranesi
stand am Gipfel seines Ruhms,
er wird Mitglied der römischen
Akademie S. Lucia und seine
geschäftlichen Erfolge,
durch Aufträge des 1758
neu gewählten Papstes Clemens
XIII - einem Venezianer und
großen Verehrer und Förderer
Piranesis - gut unterstützt,
ermöglichen es ihm ab 1761,
seine Werke im eigenen Verlag
herauszugeben.
Piranesi
verläßt den ihm so
lange vertrauten Zirkel der
Französischen Akademie
in der Via del Corso und wendet
sich einem größeren
Kreis von Künstlern und
Personen des öffentlichen
Lebens zu.
Palazzo
Tomati, der eigene Verlag
1761
zieht er mit Werkstatt und Familie
in eine neue Wohnung in der
Via Sistina, in den Palazzo
Tomati, unter dessen Namen sein
neu gegründeter Verlag
fortan firmiert.
Noch
im selben Jahr gibt er eine
reich überarbeitete, zweite
Fassung der 'Carceri' heraus
und erstmals einen detaillierten,
vollständigen Katalog seiner
bis jetzt veröffentlichten
Werke. In ihm sind auch die
ersten 59 Ansichten der 'Vedute
di Roma' enthalten.
In
seinem eigenen Verlag legt Piranesi
besonderen Wert auf eine hohe
Qualität des Papiers und
des Drucks. Ein Sorgfalts- und
Qualitätsgefühl, das
sich auch auf seinen Sohn Francesco
überträgt, der die
spätere Ausgabe des Gesamtwerks
seines Vaters übernehmen
wird.
Eine
der ersten Platten, die die
neue Adresse 'presso l'autore
nel Palazzo Tomati' trägt,
ist seine meisterliche Darstellung
des Pantheon (Hind 60). Sie
wird auch als erstes Blatt im
'Catalogo' nachgetragen.
Piranesi
studiert weiter die antike römische
und etruskische Baukunst, das
römische Wasserversorungssystem,
die Wasserstands-regulierung
des Albaner Sees, er unternimmt
Ausflüge in die weitere
Campagna.
Die
Ergebnisse dieser Studien veröffentlicht
er u.a in seinen Werken wie
der 'Della Magnificenza ed Architettura
de' Romani' und der 'Campus
Martius' (1761/62). Im Auftrag
des Papstes werden die 'Antichità
d'Albano e di Castel Gandolfo'
unternommen und 1764 herausgegeben.
1765 erscheint die Neuauflage
der 'Archi Trionfali'.
Vedute
di Roma
In
die sechziger Jahre fällt
auch die intensive Beschäftigung
mit den Ruinen der Villa Hadriana,
die mit zehn großformatigen
Ansichten ab 1768 in die 'Vedute
di Roma' aufgenommen wird (Hind
85, 90, 90-94, 112-113, 131-134).
Die Ergebnisse häufiger
Reisen nach Tivoli, seit 1761,
finden sich wieder in elf Blätter
der 'Vedute di Roma', u.a. vom
Tempel der Sibylle (Hind 61-63),
den Wasserfällen bei Tivoli
(Hind 75, 92) und von der Villa
des Maecenas (Hind 65, 73, 84).
Architekt
und Sammler
1765
bekommt Piranesi zwei Aufträge
als Architekt: Er zeichnet verantwortlich
für den Abschluß
des Umbaus des Schiffs der Lateranbasilika
und wird mit der Neugestaltung
des Priorato di Malta mit der
Kirche S. Maria del Priorato
auf dem Aventin beauftragt.
Als
Sammler antiker Kleinkunst legt
er sich nicht nur eine umfangreiche
Sammlung zu, sondern richtet
auch eine eigene Werkstatt in
seinem Haus zur Restaurierung
solcher Funde ein. Zu diesem
Thema fertigt er zwischen 1768-78
eine Serie von 110 größeren
Tafel an, die unter dem Titel
'Vasi, Candelabri etc.' erscheinen.
1766
wird Piranesi von Papst Clemens
XIII zum Ritter vom Goldenen
Sporn ernannt, den Titel 'Cavaliere'
trägt er nach der Ausstellung
der päpstlichen Urkunde,
von nun an signiert er seine
Werke meist mit 'Cavalier Piranesi
F.'. |
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Rom: Die
späten Jahre, 1770-78
In
den sechziger und siebziger
Jahren wächst der Kreis
seiner Kunden, der Liebhaber
und Sammler der Werke Piranesis,
in ganz Europa stetig an. Die
Reisenden aus Deutschland und
England, die im Rahmen ihrer
Bildungsaufenthalte in Italien
Rom besuchen, gehören ebenso
dazu wie z.B. die russische
Zarin. Sein Unternehmen florierte,
und auch nach dem Tod von Papst
Clemens XIII, einem seiner größten
Gönner, behielt Piranesi
durch das immer größer
werdende Interesse seiner ausländischen
Kunden volle wirtschaftliche
Freiheit.
Vedute di Roma
Ein
Schwerpunkt seiner Arbeiten
bleibt die Fortsetzung der großformatigen
Kupferstichradierungen zu den
'Vedute di Roma', für die
er in dieser Zeit etwa 40 weitere
Blätter schafft. Neben
den oben schon erwähnten
zehn Darstellungen zu den Ruinen
der Villa Hadriana, deren Vorlagen
aus den letzten Jahren er jetzt
in Kupfer umsetzt, entstehen
einige seiner monumentalsten
und eindruckvollsten Ansichten
von antiken Denkmälern
Roms wie z.B. die Neugestaltungen
des Titus- (Hind 98), Konstantin-
(Hind 97) und Septimus Severus
- Bogens (Hind 99), des Forum
Romanum (Hind 100) und des Kolosseums
(Hind 126), neu aufgenommen
werden Ansichten vom Tempel
des Saturn (Hind 109-110), die
Bäder des Trajan (Hind
123, 127) und Diocletian (Hind
115, 116, 129). Besonders zu
erwähnen aus dieser Zeit
sind noch die neuen Ansichten
vom Petersplatz (Hind 101, 120),
vom Piazza del Quirinale (Hind
103) und Campidoglio (Hind 111)
sowie vom Piazza Navona (Hind
108).
G.B.
Piranesi stirbt am 9. November
1778. Er findet in der von ihm
umgestalteten Kirche S. Maria
del Priorato seine letzte Ruhestätte.
Das Grabdenkmal, eine lebensgroße
Statue, im Auftrag der Witwe
Angela Piranesi durch Giuseppe
Angelini gefertigt, zeigt den
Künstler im antiken Gewand,
ausgestattet mit Winkel, Zirkel
und Feder, den Zeichen seines
Berufsstandes des Architekten
und Graphikers. In der Hand
hält er einen Plan des
Poseidontempels von Paestum.
Ein Hinweis auf sein letztes
Werk von höchster Aussagekraft,
als Beispiel für ein Gesamtwerk,
getragen von der leidenschaftlichen
Auseinandersetzung mit der Geschichte
antiker und römischer Baukunst. |

Vedute
di Roma: Bogen des Konstantin

Vedute
di Roma: Titusbogen

Vedute
di Roma: Bogen des Septimus
Severus |
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Vedute
di Roma: Janusbogen des
Benevent

Ansichten
der Tempel von Paestum:
Frontispiz von Francesco Piranesi

Vedute
di Roma: Innenansicht des
Pantheons von Francesco
Piranesi

Vedute
di Roma: Kolosseum, Innenansicht
von Francesco Piranesi |
Rom - Paris:
Der Nachlaß, 1778-1836
Francesco
Piranesi, als ältester
Sohn, steht nun, gerade zwanzigjährig,
vor der großen Aufgabe,
die Werkstatt seines Vaters
weiter-zuführen.
Er
hatte eine umfassende und sehr
gute Ausbildung bekommen, war
von Giovanni Volpato und Domenico
Cunego mit den Techniken der
graphischen Kunst vertraut gemacht
worden, bekam Unterricht in
Landschaftsmalerei bei den Gebrüdern
Hackert und wurde auch auf dem
Gebiet der Architektur gut ausgebildet.
In
den achtziger und neunziger
Jahren gibt er eine Reihe von
Tafeln heraus, oft gestützt
auf unveröffentlichte Vorlagen
seines Vaters. 1792 erscheint
ein vollständiger Katalog
seiner Verlagsprodukte. Er gliedert
das Gesamtwerk in 32 Teile und
nummeriert alle Tafeln entsprechend
durch.
1788
wird Francesco Piranesi vom
schwedischen König Gustav
III zum königlichen Agenten
für die Schönen Künste
in Italien ernannt und 1794
zum schwedischen Konsul in Neapel.
Francesco
verstrickt sich - zusammen mit
seinem Bruder Pietro - zusehends
in ein politisches Engagement,
von revolutionären Ideen
getragen, und wird durch seine
französischen Freunde in
die republikanische Bewegung
hineingezogen.
Nach
vierjährigem Aufenthalt
in Neapel wieder in Rom, werden
er und sein Bruder überzeugte
Jacobiner. Doch schon 1799 müssen
die Franzosen - und mit ihnen
die beiden Brüder Piranesi
mit ihren Angehörigen -
vor den englischen und neapolitanischen
Truppen aus Rom fliehen. Es
gelingt Francesco und Pietro,
nach einer abenteuerlichen Flucht,
die gesamten Druckplatten ihrer
Werkstatt von Rom nach Paris
zu bringen.
In
Paris richten sie nun eine neue
Werkstatt ein, die 'Calcographie
des Piranesi frères'.
In den Jahren 1800-07 wird "eine
sorgfältig gedruckte neue
Ausgabe des gesamten graphischen
Werks in siebenundzwanzig Bänden
veranstaltet" (Wilton-Ely,
S. 132).
Francesco
findet in Paris hervorragende
Drucker und eine lange Tradition
in der Herstellung qualitativ
hochwertiger Büttenpapiere.
Er konnte so auch in Paris den
hohen Qualitätsansprüchen
gerecht werden, auf deren Einhaltung
in den Werkstätten Piranesis
immer großer Wert gelegt
wurde.
Nach
dem Tod von Francesco Piranesi,
1810, übernimmt der Pariser
Verlag Firmin-Didot die Kupferplatten
des Gesamtwerks. 1839 wird die
Sammlung auf Anordnung von Papst
Gregor XVI für die Calcografia
Camerale, die heutige C. Nazionale,
erwoben und kommt damit nach
Rom zurück. |
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Literatur
Brettagno,
A. (Hrsg): "Piranesi: Incisioni
- Rami - Legature - Architetture",
Neri Pozza, Venedig 1978.
Fiacci,
L.: "Giovanni Battista
Piranesi: The Complete Etchings",
Taschen 2000.
Focillon,
H.: "Giovanni Battista
Piranesi, 1720 - 1778",
Paris 1918.
Giesecke,
A.: "Giovanni Battista
Piranesi", Meister der
Graphik, Bd. IV, Leipzig
1911.
Hind,
A. "Giovanni Battista Piranesi:
A Critical Study with a List
of the Published Works",
The Holland Press, London, 1922.
Robinson,
A.: "The 'Veduti di Roma'
of Giovanni Battista Piranesi:
Notes towards a revision of
Hind's catalogue", Nouvelles
de l'estampe, Nr. 4, 1970.
Wilton-Ely,
J.: "Giovanni Battista
Piranesi: Vision und Werk",
Hirmer Verlag, München
1978.
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